Die Linke zu Unterbringung
Frage
Flüchtlingsorganisationen fordern seit Jahren die dezentrale Unterbringung von Geflüchteten in Wohnungen in Städten mit guter Erreichbarkeit und (auch soziokultureller) Infrastruktur, um ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Vielerorts leben mittlerweile auch Geflüchtete mit Schutzstatus lange Zeit in Thüringer Gemeinschaftsunterkünften, weil sie z.T. keinen anderen Wohnraum finden können und stärker von Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt betroffen sind. Aber auch wenn eigener Wohnraum gefunden wird, sieht das Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz keine Möglichkeit vor, dass Geflüchtete mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung sich jemals eine eigene Wohnung anmieten können – selbst wenn Arbeit/ Ausbildung oder individuelle Gründe dies ermöglichen würden oder es erfordern.
1. Welche Maßnahmen planen Sie, die Unterbringungssituation und den Zugang zu Wohnungen und privaten Mietverhältnissen aller Geflüchteten zu verbessern?
2. Mit welchen Maßnahmen werden Sie einer Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt entgegenwirken?
Antwort
1. Welche Maßnahmen planen Sie, die Unterbringungssituation und den Zugang zu Wohnungen und privaten Mietverhältnissen aller Geflüchteten zu verbessern?
Geflüchtete Menschen sollen in Thüringen ihren Wohnort frei wählen können. Die dezentrale Unterbringung in Wohnungen bleibt für uns eine wichtige Voraussetzung, damit die Menschen ihr Leben selbstbestimmt gestalten können. Dies wollen wir durch eine Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes ermöglichen. Zudem gilt es, Kommunen bei der Erstellung und Umsetzung kommunaler Integrationskonzepte zu unterstützen, die auch die Bedeutung einer selbstbestimmten Lebensgestaltung, des Wohnumfeldes und die wichtige Rolle von Begegnungsräumen hinsichtlich Integration und Inklusion berücksichtigen. Kommunale Wohnungsunternehmen spielen hierbei eine wichtige Rolle, ebenso wie die Förderung des sozialen Wohnungsbaus und die Inanspruchnahme bzw. „Inverantwortungnahme“ auch privater Investor*innen und Vermieter*innen. Grundrechte, wie das der Unverletzlichkeit der Wohnung, werden wir auch in Flüchtlingsunterkünften schützen. Bei der Umsetzung von Gewaltschutzkonzepten und Maßnahmen zur Unterstützung besonders schutzbedürftiger Personen wollen wir die Kommunen unterstützen.
Die Ausländerbehörden wollen wir zu Einwanderungsbehörden mit Beratungs- und Bündelungsfunktion der verschiedenen Willkommens- und Integrationsangebote umgestalten. Dies unter anderem, damit Geflüchtete Unterstützung bei der Wohnungssuche, bei der Kontaktaufnahme zu Vermieter*innen und bei den Verhandlungen über / Abschluss von Mietverträgen bekommen. Dazu wollen wir Modellprojekte starten mit dem Ziel, mittelfristig flächendeckend solch unterstützende Einwanderungsbehörden vorzuhalten. Zudem wollen wir die Auflage entsprechender Förderprogramme zur Schaffung von Wohnraum für Geflüchtete für die Wohnungswirtschaft prüfen und untersuchen, ob das Instrument öffentlicher Mietverträge für die Anmietung von privatwirtschaftlich angebotenem Wohnraum den Zugang zu Wohnraum für Zugewanderte erleichtern kann.
2. Mit welchen Maßnahmen werden Sie einer Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt
entgegenwirken?
„Auf dem Wohnungsmarkt müssen passgenaue Maßnahmen gegen Diskriminierung entwickelt werden.“, zu dieser Feststellung kommt die Enquetekommission Rassismus in ihrem Zwischenbericht. Wie in der Enquetekommission Rassismus diskutiert, sollen diese Maßnahmen auf eine nicht-isolierende und selbstbestimmte Lebensführung für alle hinwirken, in der gesellschaftliche Teilhabe möglich ist. In der Enquete Rassismus wurde die Einrichtung einer Fach- und Beratungsstelle empfohlen, in deren Beratungskonzept besondere Beachtung auf oft diskriminierte Gruppen wie Roma und Sinti, Geflüchtete, Schwarze Menschen, Muslim*innen, Jüdinnen und Juden und internationale Studierende gelegt werden soll. Dies wollen wir, neben der zu entwickelnden Unterstützungs- und Vermittlungsfunktion der Einwanderungsbehörden, der Stärkung des sozialen Wohnungsbaus und der Sensibilisierung bspw. öffentlicher Wohnungsunternehmen und der, ebenfalls in den Beratungen der Enquete Rassismus geforderten, Schaffung ausreichender Wohnheimplätze für internationale Studierende (bei gleichzeitiger Vermeidung von Segregationseffekten) umsetzen. Der Abdrängung in Randbezirke muss durch entsprechende konzeptionelle Vorgaben bei den Förderinstrumenten des sozialen Wohnungsbaus entgegengewirkt werden, die Entstehung „prekärer“ Wohngebiete wollen wir vermeiden. Familien mit Flucht- oder Migrationsgeschichte sollen ihre Wohnumgebung anhand für sie wichtiger Ressourcen wie Arbeit, Perspektiven, Wohnraum aussuchen können, nicht nach Quoten oder dem kleinen Geldbeutel wählen müssen.
Die soziale Infrastruktur muss in allen Wohnquartieren gewährleistet werden, ebenso der Öffentliche Nahverkehr. Wir streben ein Normenscreening für Thüringer Gesetze zu sozialen Menschenrechten – analog des zur UN-Behindertenrechtskonvention in Thüringen bereits durchgeführten Screenings oder wie es im Bereich Nachhaltig für neue Vorschriften praktiziert wird – an.