Wahlprüfsteine 2019

 

Wahlprüfsteine gesamt

Bündnis 90/Die Grünen zu Abschiebung

Frage

Die Praxis der Abschiebungen bzw. Dublin-Abschiebungen hat sich in den letzten Jahren deutlich verschärft. Dies führte bereits in Thüringen zu Abschiebeversuchen aus Krankenhäusern und Jugendhilfeeinrichtungen. Nächtlich finden regelmäßig unangekündigte Abschiebungen in den Unterkünften statt. In einigen Gemeinschaftsunterkünften werden regelmäßige Anwesenheitskontrollen und Anwesenheitserfassungen durchgeführt oder nächtliche An- und Abmeldepflichten verhangen. Menschen, die bei den unangekündigten Überstellungsversuchen nicht angetroffen werden, werden in der Regel als „untergetaucht“ bzw. „flüchtig“ abgemeldet, mit erheblichen Folgewirkungen für sie. Diese Repressionen führen zu (zusätzlichen) psychischen Belastungen von Geflüchteten und legen nahe, dass es sich um eine Zermürbungsstrategie handelt. Auch werden Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete in Deutschland derzeit in regelmäßigen Abständen diskutiert bzw. finden bereits regelmäßig statt (z.B. nach Afghanistan).
1. Wie ist Ihre Position dazu?
2. Welche Möglichkeiten sehen Sie, dass die Würde und persönlichen Rechte der Betroffenen, insbesondere auch das Kindeswohl, von Menschen mit einer Duldung besser geschützt werden?
3. Planen Sie in Thüringen Ausreiseeinrichtungen oder Abschiebehaftplätze einzurichten?
4. Welche Position vertreten Sie zu Abschiebungen in unsichere Gebiete (z.B. Afghanistan)?

 

Antwort

Die Menschenrechte und die Menschenwürde gelten universell. Sie gelten damit für alle Menschen unabhängig von Herkunft, Aufenthaltssituation oder Bleibeperspektive. Diesen Anspruch wollen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN durchgängig zur politischen Geltung bringen, auch im Rahmen der Asyl- und Migrationspolitik. Dazu ist es für uns selbstverständlich, dass alle Menschen – auch diejenigen, die eine Duldung besitzen – angstfrei und diskriminierungsfrei in Thüringen leben können und umfassende soziale Teilhabe sowie Zugang zu Bildung und Arbeit haben.
Klar ist: Wir nutzen die wenigen bundesrechtlichen Spielräume im Sinne der Geflüchteten und setzen auf den Vorrang von freiwilligen Ausreisen. Abschiebungen sind für uns immer Ultima Ratio. Insbesondere Abschiebungen aus Krankenhäusern und Jugendhilfeeinrichtungen lehnen wir vehement ab und haben uns dazu auch in der rot-rot-grünen Landesregierung für die Schaffung und Weiterentwicklung des Abschiebeerlasses klar positioniert und eingesetzt. Solche Fälle – wie in Thüringen geschehen – verurteilen wir.
Die Schaffung von weiteren Abschiebehaftplätzen in Thüringen halten BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für nicht notwendig. Abgesehen davon, dass Thüringen mit anderen Bundesländern kooperieren kann, wollen wir, dass, bevor Abschiebehaft stattfindet, sämtliche milderen Mittel und Alternativen zur Abschiebehaft eingesetzt werden. Die Unterbringung von Abschiebe­haftbetroffenen in regulären Haftanstalten lehnen wir ab.
Abschiebungen in Kriegsgebiete oder unsichere Gebiete sind für uns nicht denkbar. Stattdessen setzen wir uns dafür ein, die realen Gefahrenlagen endlich zur Kenntnis nehmen, und machen uns für einen Abschiebestopp in Krisenländer stark.