Desolate Situation in der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge in Neustadt/Orla
Am vergangenen Samstag, den 13.10.2012 tagte der „Offene Flüchtlingsrat“
in Pößneck. Der Einladung zu der offenen Informationsveranstaltungen waren
insgesamt 21 Personen gefolgt, darunter Landrat Herr Fügmann sowie einige
der im Saale- Orla-Kreis untergebrachten Flüchtlinge. Schwerpunkte waren die
desolate Wohnsituation in der sogenannten Gemeinschaftsunterkunft in Neu-
stadt/ Orla, fehlende soziale Teilhabemöglichkeiten der Flüchtlinge sowie
Probleme in der (zahn-) medizinischen Versorgung.
Nach dem „Offenen Flüchtlingsrat“ zieht der Flüchtlingsrat Thüringen e.V. ein
differenziertes Resümee. Positiv anerkannt wurde, dass der Landkreis sich be-
reits im Juli 2012 vom diskriminierenden Gutscheinsystem für Flüchtlinge dis-
tanziert und stattdessen Bargeldzahlungen eingeführt hat sowie wie die Zusa-
ge des Landrates, sich für den Zugang zu Guthabenkonten bei der
Kreissparkasse (ebenso wie in Jena und Weimar) zeitnah einzusetzen. Ebenso
wurde der erst kürzlich begonnene Sprachkurs für Flüchtlinge in Oppurg ge-
würdigt, der Flüchtlingen erstmals im Landkreis ein umfassendes Erlernen der
deutschen Sprache ermöglicht.
Die Wohnsituation in der sogenannten Gemeinschaftsunterkunft (GU) in Neu-
stadt/ Orla ist dagegen desolat. Dies konnte auch der Landrat nicht abstreiten,
der als Ziel die rasche Unterbringung in Wohnungen nannte.
So sind die Zimmer in der GU sehr heruntergekommen und zum Teil für bis zu
7 Personen vorgesehen, zahlreiche Betten und Schränke sind alt und defekt,
die Fenster haben keine Gardinen und Vorhänge mit Verdunklungsmöglich-
keit. Es gibt weder ein Kinderspielzimmer noch einen Gemeinschaftsraum,
auch einen Spielplatz im Freigelände gibt es nicht.*
„Der Schutz der Privatsphäre der BewohnerInnen und der Umgang der Heim-
leiterin mit den Flüchtlingen sind dringend zu verbessern. Es kann nicht sein,
dass Kritik am Lager mit dem Hinweis begegnet wird, der betreffende Flücht-
ling könne doch zurück in sein Herkunftsland gehen, wie es uns mehrere
Flüchtlinge berichteten“, kritisiert Sabine Berninger, stellv. Vorsitzende des
Flüchtlingsrates.Zur Verbesserung der Situation in der GU Neustadt schlug Landrat
Fügmann künftig ein mindestens jährliches Treffen in der Unterkunft vor, bei
dem im Gespräch mit den BewohnerInnen und Engagierten aus dem Landkreis
Verbesserungen angestrebt werden sollen.
Besonders fehlende soziale Teilhabemöglichkeiten im Landkreis sprachen die
Flüchtlinge an. Sie wünschten sich mehr Integrationsmöglichkeiten und Kon-
takte zur Mehrheitsbevölkerung. Weitere Verbesserungen wurden von den
TeilnehmerInnen des Offenen Flüchtlingsrates angestrebt, zum Beispiel der
Zugang für Flüchtlinge zum Sozialticket des Landkreises für den Personenen-
nahverkehr und dringend notwendige Anpassungen beim Zugang zu zahn-
ärztlichen Leistungen und fachärztlicher Versorgung.
Im Landkreis selbst wäre ein Netzwerk von UnterstützerInnen, eine ausgewie-
sene Asylberatung und eine gelebte Willkommenskultur vonnöten, so der Ap-
pell an den erst kürzlich gegründeten Integrationsbeirat.
* laut Thüringer Verordnung über Mindestbedingungen für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften und die soziale Betreuung und Beratung von Flüchtlingen und Asylsuchenden
Für Rückfragen: Ellen Könneker, Tel: 0361-2172720