Der gestern vorgestellte Unionskompromiss sieht die Schaffung neuer geschlossener Lager und damit die Internierung von Schutzsuchenden vor. Der Flüchtlingsrat Thüringen spricht sich entschieden gegen weitere Maßnahmen der Abschottung und gegen die Einrichtung von Transitlagern aus und wirft der Union Symbolpolitik auf Kosten von Geflüchteten, einem solidarischen Europa und der Rechtsstaatlichkeit vor.
Martin M. Arnold vom Flüchtlingsrat Thüringen sagt dazu: „Die vermeintliche Einigung innerhalb der Union besiegelt die endgültige Abkehr von einer nachhaltigen und solidarischen Flüchtlingspolitik. Was uns da präsentiert wird, ist ein rechtlich fragwürdiger deutscher Alleingang und nicht die von Kanzlerin Merkel geforderte europäische Lösung. Es muss aktuell Aufgabe der Regierung sein, über eine menschenrechtsorientierte Flüchtlingspolitik zu diskutieren und nicht über die Internierung von Schutzsuchenden an den Deutschen Außengrenzen.“
Die Zahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge ist 2017 im zweiten Jahr in Folge massiv gesunken. Warum die Union also auf weitere Abschottung setzt und darin die Hauptaufgabe aktueller deutscher Politik sieht bleibt unklar. Dazu Arnold weiter: „Auf einer wirklichen Sachebene lassen sich die Kriminalisierung von Seenotretter*innen, die Diskreditierung von Menschenrechtsorganisationen und die fortlaufende Einschränkung von Grund- und Menschenrechten nur damit erklären, dass sich die CDU und CSU endgültig dem Rechtspopulismus ergeben haben.“
Kritik am Unionsvorschlag kommt unter anderem von den Oppositionsparteien und der Gewerkschaft der Polizei. Darüber hinaus gibt es massive rechtliche Bedenken am Unionskompromiss wie die des Europarechtlers Daniel Thym.[1]
Bereits vor drei Jahren wurde ein ähnlicher Vorstoß der CSU unter anderem wegen verfassungsrechtlichen Bedenken seitens der SPD abgelehnt. Der damalige Justizminister Heiko Maas bezeichnete Transitzonen völlig richtig als Haftzonen und stellte fest, dass die Flüchtlingsfrage nicht dadurch gelöst werden könnte, Deutschland einzuzäunen.[2]
Daraus kann nur eine Konsequenz folgen: die SPD darf dem faulen Kompromiss der Union nicht zustimmen.
UPDATE:
- kritische juristische Anmerkungen eines Bundespolizisten i.R. Volker Westphal
- Der einflussreiche niedersächsische Sozialdemokrat und Landrat des Landkreises Hameln-Pyrmont Tjark Bartels (SPD) wendete sich gestern in einem offenen Brief an die SPD-Parteispitze der Bundespartei. Er forderte, dem Kompromiss der Unionsparteien nicht zuzustimmen.
- eine Petition gegen die Errichtung von Transitlagern wurde gestartet