4. September 2024
Statement zur Landtagswahl Thüringen

Wir lassen Geflüchtete in Thüringen nicht allein: Zusammen kämpfen wir - für ein demokratisches Thüringen!

Menschen, die vor Krieg und Gewalt geflohen sind, stehen in Thüringen nach der Landtagswahl vor dem nächsten Feind: dem Rechtsextremismus. Wir sind zutiefst schockiert, dass ein Drittel der Thüringer:innen mit der AfD eine gesichert rechtsextreme Partei in den Landtag gewählt hat. Die AfD erkennt Menschen mit Migrationsbiografie nicht als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft an. Das hat u.a. das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen im Juli festgestellt. Die rechtsextreme Haltung ist nicht nur grundlegend undemokratisch, sondern gefährdet die Würde jedes einzelnen Menschen, der nach Thüringen kommt oder gekommen ist. Die Menschenwürde ist einer unserer Grundwerte und muss verteidigt werden. Für alle Parteien - auch für die AfD - gilt: Die Würde des Menschen darf nicht aus migrationspolitischen Gründen relativiert werden! 

Gerade in den letzten Tagen des Wahlkampfs haben mehrere demokratische Parteien mit immer mehr Forderungen nach Asylrechtsverschärfungen den migrationsfeindlichen Diskurs weiter angefacht. Zu den Wahlversprechen der CDU gehören neben mehr Abschiebungen auch Anker- bzw. Rückführungszentren. In diesen Zentren sollen geflüchtete Menschen pauschal untergebracht werden, abhängig davon, ob ihre Zugehörigkeit zu einem bestimmten Herkunftsland gute oder schlechte Bleibeperspektiven suggeriert. Sie werden dabei nicht als Individuen mit ihren jeweiligen Erfahrungen betrachtet. Doch das Asylrecht ist ein individuelles Recht. Wer es angreift, greift auch das Grundgesetz der Bundesrepublik sowie geltende Menschenrechte an. 
 

Es ist dringend notwendig, dass alle demokratischen Parteien eine Rhetorik einstellen, die den Eindruck erweckt, man könne durch asylrechtliche Verschärfungen Menschen davon abhalten, nach Thüringen zu kommen. Diese Rhetorik erklärt Geflüchtete zu Sündenböcken für gesamtgesellschaftliche Problemlagen wie fehlendem Wohnraum oder die Bildungskrise. Stattdessen muss ein sachlicher, respektvoller Diskurs Einzug in die Öffentlichkeit finden, der nach Lösungen sucht, die auf dem Prinzip der Solidarität basieren. Im derzeitigen gesellschaftlichen und parlamentarischen Rechtsruck wäre dies enorm wichtig für das Funktionieren unserer Demokratie und des gesellschaftlichen Miteinanders. Es darf zu keinem Zeitpunkt eine Zusammenarbeit mit der AfD geben. Vor allem nicht bei asyl- und migrationspolitischen Themen, die den Kern ihrer menschenverachtenden Politik ausmachen, und auch nicht bei anderen Fragen.

 
Egal, wie viele Restriktionen die sich bildende Regierung umsetzt, Geflüchtete werden weiter nach Deutschland kommen. Sie haben keine Wahl. Die Bundesrepublik ist weiter durch Völker- und Europarecht daran gebunden, Schutzsuchende aufzunehmen. Es ist rechtlich nicht möglich, Geflüchtete einfach abzuweisen. Und das ist eine historische Errungenschaft! Asylsuchende werden nach geltendem Recht nach Thüringen umverteilt. Eine restriktive Politik wird jedoch das Ankommen und eine gute Aufnahme noch schwerer machen und die Ausgrenzung von Menschen weiter befeuern. Sollten die Regelungen in Zukunft tatsächlich verschärft werden, braucht es mindestens starke, unterstützende und finanziell abgesicherte Teilhabe- und Beratungsstrukturen.
 
Geflüchtete Menschen in Thüringen haben keine Wahlstimme und sie dürfen nicht frei entscheiden, wo sie leben wollen. Sie müssen sich entschlossen gegen den wachsenden Rechtsextremismus mit zur Wehr setzen oder ihn weiterhin ertragen. Die Diskriminierungen und den Rassismus, den sie erleben, dürfen vom Rechtsstaat nicht länger unbeantwortet bleiben – sie verdienen rechtliche Konsequenzen. Wir vom Flüchtlingsrat Thüringen bleiben weiter an ihrer Seite – jetzt erst recht!