14. Juli 2017
Brechen wir das Schweigen! Solidarität mit Geflüchteten und Retter*innen

***english below***

Die Situation auf dem Mittelmeer und in Libyen hat sich nochmals brutalisiert. Die Bedingungen für Seenotrettungen werden immer schwieriger. Die EU trägt zu dieser Eskalation bei.
Geflüchtete in Seenot werden derzeit vor allem von NGOs gerettet. Dagegen agiert die von der EU unterstützte sogenannte libysche Küstenwache immer härter gegen Geflüchtete und Retter*innen. Libysche Einheiten, ein undurchsichtiges Geflecht aus Sicherheitskräften, Milizen und Schleusern, schießen auf Rettungsboote und behindern die Arbeit von NGOs auf dem Mittelmeer. In Libyen werden Menschen verschleppt, gefoltert und vergewaltigt. Dies geschieht auch in offiziellen Haftzentren.
Es ist unerträglich, dass die EU und Deutschland diese Menschenrechtsverletzungen logistisch und mit Geld und Waffen unterstützen.
Auf See hat sich neben der akuten Gefahr durch libysche Einheiten auch die Zusammenarbeit mit den europäischen Sicherheitskräften verschlechtert. Europäische Kräfte, die in der Nähe sind, lassen die NGOs auch in Notfällen teilweise allein. Die Retter*innen arbeiten an der Grenze ihrer Möglichkeiten, um trotzdem Überlebenshilfe zu leisten. Die Reaktionen der EU und verschiedener Mitgliedstaaten sind untragbar: statt NGOs mehr Unterstützung zu geben, werden diese durch Anklagen und falsche Behauptungen kriminalisiert. Dabei ist Seerettung nach deutscher, europäischer und internationaler Rechtslage Pflicht.
Italien droht, seine Häfen für die Schiffe der NGOs und damit für die Geflüchteten zu sperren, wenn nicht andere EU-Länder mehr Solidarität zeigen. Dies wäre allerdings ein krasser Rechtsbruch und ist deshalb eher unwahrscheinlich. Auch hat Italien seit Jahrzehnten Geflüchtete aufgenommen, während sich Länder wie Deutschland auf die Dublin-Regelung berufen haben. Derzeit kommt es in Italien jedoch zu einer Notlage. Viele Migrant*innen sind obdachlos. Es wird Zeit, dass die italienischen Grenzen am Brenner und anderswo für alle Menschen wieder geöffnet werden. Die Zahl der Geflüchteten ist dabei, wie ebenfalls seit Jahrzehnten, eher niedrig, wenn wir auf Länder wie Jordanien, die Türkei oder Uganda blicken.

Brechen wir das Schweigen! Wir fordern:

  • Einstellung der Kooperation der EU mit libyschen Einheiten
  • Keine Rückschiebungen nach Libyen
  • Unterstützung der NGOs auf dem Mittelmeer und Rettung durch
    europäische Verbände
  • Solidarität mit Geflüchteten, eine Aussetzung der Dublin Regelungen und eine Wiederöffnung der Grenzen
  • Sichere, legale Überfahrten nach Europa
  • Ein Europa der offenen Grenzen

 

Shout out! Solidarity with refugees and rescuers
The situation in the Mediterranean Sea and Libya has become even more brutal. Sea rescue conditions are becoming increasingly difficult. The EU contributes to this escalation.
Currently, refugees in distress at sea are mostly being rescued by NGOs. In contrast to this , the so-called Libyan coastguard, supported by the EU, is operating more and more rigorously against refugees and rescuers. Libyan units, an obscure network of security forces, militias and human traffickers, are shooting at lifeboats and interfering with the work of the NGOs in the Mediterranean Sea. In Libya, humans are being abducted, tortured and raped. This is happening in the official detention centers, too. It is unbearable, that the EU and Germany support these violations of human rights logistically, financially and with weapons.
Aside from the current endangerment through Libyan units, the cooperation with European security forces at sea has worsened. Promised forces, even in close proximity, sometime leave the NGOs alone even in case of emergency.
Rescuers are working at the limits of their capabilities in order to provide survival support nevertheless. Reactions of the EU and various member states are intolerable: Instead of increasingly supporting the NGOs, they are criminalizing them with false accusations. Regardless of the fact that rescue in case of distress is an obligation according to German, European and international law.
Italy is threatening to close its ports for ships of the NGOs and thereby refugees, if other EU member states refuse to demonstrate more solidarity. However, this would be a blatant breach of law and is thus unlikely. Italy has been accommodating refugees for decades, while countries like Germany have appealed to the Dublin Regulation. At present Italy is steering towards a state of emergency, where many migrants remain without shelter.
It is time to end the blocking of the Italian borders. The numbers of refugees coming to Europe are currently, likewise already for decades, relatively low compared to countries such as Jordan, Turkey or Uganda.
 

Shout out! We demand:

  • Ceasing cooperation of the EU with Libyan units
  • No push-backs to Libya
  • Support of the NGOs on the Mediterranean Sea and rescue by European forces
  • Solidarity with refugees, suspension of the Dublin Regulation and reopening of the Italian borders
  • Safe, legal passage to Europe
  • A Europe of open borders

 

Erstunterzeichner*innen
kritnet - Netzwerk Kritische Migrations- und Grenzregimeforschung
medico international
Bayrischer Flüchtlingsrat
Flüchtlingsbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein
borderline Europe
bordermonitoring.eu e.V.
glokal e.V.
Netzwerk Rassismuskritische Migrationspädagogik Baden-Württemberg
“Die Unmündigen e.V.”
Flüchtlingsrat Thüringen e.V.
ffm Forschungsgesellschaft Flucht & Migration e.V.
Flüchtlingsrat Brandenburg
Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V.   
Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
Flüchtlingsrat Berlin e.V.
Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V.
Komitee für Grundrechte und Demokratie, Köln
Netzwerk Solidarity City
frauen- und menschenrechte-aktiv
Stiftung :do
Solidarité sans Frontières (CH)
Bellevue di Monaco eG
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