Abschiebeversuch einer schwangeren Frau aus dem Krankenhaus
UPDATE: Am 3. April 2019 veröffentlichte RADIO F.R.E.I. ein halbstündiges Feature zum Thema, in welchem die Betroffenen erstmals zu Wort kommen und die gravierenden Folgen dieses Polizeieinsatzes schildern. Auch medizinische Einschätzungen und verschiedene zivilgesellschaftliche Akteur*innen wie beispielsweise das Grundrechtekomitee stellen klar, dass dieser Abschiebeversuch ein schwerer Verstoß gegen den grundrechtlich garantierten Schutz der Familie darstellte. Zudem veröffetnlichte das zuständige Ministerium am 15. März 2019 einen Erlass, der die Abschiebung aus Krankenhäusern einschränkt.
Mai 2018: In der Nacht zum Mittwoch starteten Ausländerbehörde Ilm-Kreis und Polizei den Versuch, eine risikoschwangere Frau direkt aus dem Krankenhaus abzuschieben. Zum Glück griff das Krankenhauspersonal rechtzeitig ein! Der Flüchtlingsrat Thüringen e.V. und das Flüchtlingsnetzwerk Ilmenau kritisierten das Vorgehen von Behörde und Polizei auf das Schärfste!
Unmenschlicher Abschiebeversuch einer Frau mit Risikoschwangerschaft aus der Klinik
In der Nacht zum Mittwoch, dem 09.05.2018, versuchten Polizeikräfte um ca. 1 Uhr morgens eine Asylsuchende aus Nigeria, die mit bestehender Risikoschwangerschaft und aufgrund gesundheitlicher Probleme in den Ilm-Kreis-Kliniken in Arnstadt untergebracht war, abzuschieben. Die Abschiebung sollte nach dem Dublin-Verfahren nach Italien erfolgen. Zu diesen Vorgängen möchte das Flüchtlingsnetzwerk Ilmenau wie folgt Stellung nehmen.
"Wir finden es absolut unmenschlich, die Abschiebung einer Frau mit Risikoschwangerschaft und gravierenden gesundheitlichen Einschränkungen mitten in der Nacht aus einem Krankenhaus heraus zu veranlassen. Der Versuch, sie nach Italien zu überstellen, ein Land, in welchem aktuell nachweislich weder für ihre Gesundheit, noch für eine adäquate Unterbringung garantiert werden kann, widerspricht jeder humanitären Verantwortung. Wir fordern vom Ilm-Kreis und dem Land Thüringen eine Prüfung der Vorgänge und gegebenenfalls Konsequenzen für die Verantwortlichen in den zuständigen Behörden sowie einen Verzicht auf weitere derartige Versuche, die die Gesundheit und das Leben von Mutter und Kind gefährden könnten."
An dieser Stelle gebührt dem medizinischen Personal großer Dank, das verantwortungsvoll eingeschritten ist, den Vollzug verhindert und damit wahrscheinlich das Leben der jungen Frau und ihres Kindes geschützt haben. Dieser Fall zeigt exemplarisch, welche Folgen die aktuelle Politik im Rahmen des Dublin-Verfahrens und der damit verbundene "Verschiebebahnhof" für Menschen haben können. Deutschland sollte Verantwortung übernehmen und die Asylverfahren selbst entscheiden, anstatt sie überforderten anderen Staaten zu überlassen und Menschen mit erheblichem ökonomischem Aufwand auf eine ungewisse Reise quer durch Europa zu schicken. Bei Dublin-Überstellungen handelt es sich um Abschiebungen in das Land der europäischen Union, in welchem Asylsuchende zuerst registriert wurden. Länder wie Italien oder Griechenland haben jedoch aufgrund der anhaltenden Flucht über die Ägäis und das Mittelmeer keine funktionierenden Strukturen, um Asylanträge vorschriftsgemäß in zumutbarer Zeit zu entscheiden und ein menschenwürdiges Leben der Geflüchteten sicherzustellen. Deutschland hätte die Möglichkeit, selbst einzutreten und die Asylverfahren selbst zu entscheiden.
Der Deutsche Ärztetag bekräftigt 2017, dass stationär behandlungsbedürftige Geflüchtete grundsätzlich nicht reisefähig sind – somit ist eine Abschiebung zu dieser Zeit ausgeschlossen. Eine risikoschwangere Frau aus einer stationären Behandlung heraus abschieben zu wollen, gefährdet aus Sicht des Flüchtlingsrat Thüringen e.V. ihr Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und das Leben des noch ungeborenen Kindes.