Mit dem diesjährigen „Preis für die größtmögliche Gemeinheit“* an die Ausländerbehörde Erfurt hat der Flüchtlingsrat Thüringen die Abschiebung der vierköpfigen Familie Rustemi negativ gewürdigt. Thüringens Minister Herr Lauinger erklärte auf Nachfrage der Fraktion DIE LINKE gestern im Thüringer Landtag, dass die Abschiebung im konkreten Einzelfall auf der Grundlage des Aufenthaltsgesetzes geschehen sei.
Wie das Vorgehen der Ausländerbehörde sowohl durch das Aufenthaltsgesetz als auch durch die entsprechenden Thüringer Erlasse gedeckt sein soll, wurde bei der gestrigen Landtagssitzung allerdings nicht überzeugend erklärt. Vielmehr wird dem Auszubildenden Herrn Rustemi vorgeworfen, er habe die Ausländerbehörde nicht hinreichend von sich aus informiert und im Übrigen (irgendwann einmal) erklärt, dass er nicht freiwillig ausreisen wolle, was die Abschiebung rechtfertige. Auch sei Herr Rustemi bekannt gewesen, dass seine Ausbildungsduldung erlischt, wenn die Ausbildung abgebrochen wird.
Dass die Ausbildungsduldung bei Abbruch der Ausbildung erlischt, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz – allerdings auch, dass in diesem Fall die Ausländerbehörde eine weitere Duldung zur Suche eines neuen Ausbildungsplatzes erteilen muss. Diese Regelung dient explizit dem Schutz des Auszubildenden vor übermäßiger Abhängigkeit von seinem Arbeitgeber.
Tatsächlich gab es aber nach Kenntnis des Flüchtlingsrates in den Wochen vor der Abschiebung keinerlei Gespräche und auch keine Schreiben der Ausländerbehörde an Herrn Rustemi: Weder zur Frage ob er sich nach Kündigung seines ersten Ausbildungsplatzes derzeit um einen neuen Platz bemühe und welchen Informationspflichten er nachzukommen habe, noch zur Frage einer möglichen freiwilligen Ausreise. Dies hätte sich der Ausländerbehörde aber geradezu aufdrängen müssen und wäre auch ihre Pflicht gewesen – zumindest nachdem der Ausbildungsbetrieb die Behörde telefonisch über die Kündigung von Herrn Rustemi informierte und ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Duldung für 6 Monate zur einmaligen neuen Ausbildungsplatzsuche bestand.
Mitwirkung ist aus Sicht des Flüchtlingsrates Thüringen keine Einbahnstraße. Auch die zuständigen Behörden sind dazu angehalten Verfahren nachvollziehbar und nachprüfbar zu gestalten.
Der Flüchtlingsrat Thüringen e.V. fordert eine schnelle und restlose Prüfung und Aufklärung der Vorgänge durch das zuständige Ministerium und eine umgehende Rückholung des Betroffenen und seiner Familie nach Erfurt.