Integration muss gewollt sein – Hürden und Schikane abbauen!
Am 28. Oktober kamen zum sechsten Mal in Folge über 50 Vertreter*innen Thüringer Flüchtlingsinitiativen in Erfurt zusammen. Die ehrenamtlich Engagierten, darunter viele Menschen mit Fluchterfahrung, beschäftigten sich mit verschiedenen Themen. Dazu zählten unter anderem die europäische Flüchtlings- und Abschottungspolitik, die erheblichen Einschränkungen beim Familiennachzug, die Probleme bei der Wohnungssuche, die vielfältigen Schwierigkeiten beim Zugang zu Arbeit und Ausbildung sowie der alltägliche Rassismus in Thüringen. Dabei stellten die ehrenamtlich Engagierten fest, dass die genannten Punkte massive gesellschaftliche Hürden für Geflüchtete in Thüringen auf dem Weg der sozialen und ökonomischen Teilhabe darstellen.
Die Initiativen verurteilen eine Politik, die den Familiennachzug für Geflüchtete unmöglich macht. Die praktischen und behördlichen Hürden und rechtlichen Einschränkungen führen in der Praxis dazu, dass Familien dauerhaft getrennt sind. Wie soll ein Mensch die deutsche Sprache lernen, soziale Kontakte pflegen, seine Ausbildung meistern und in der Arbeitswelt Fuß fassen, wenn er oder sie in ständiger Angst um die Familie leben muss? Viele Familien wurden auch innerhalb Europas getrennt. Insbesondere auch die Angehörigen die in Lagern Griechenlands festsitzen, müssen endlich nach Deutschland zu ihren Familien umziehen dürfen. Die Initiativen fordern den Familiennachzug uneingeschränkt und sofort zu ermöglichen.
Ein weiteres Thema beim Treffen in Erfurt war die Benachteiligung von Geflüchteten auf dem Wohnungsmarkt. Viele Geflüchtete müssen sogar nach ihrem Asylverfahren trotz leerstehender Wohnungen in Sammelunterkünften leben. Vielerorts sind die Bedingungen in den Sammelunterkünften für alle dort Lebenden entwürdigend: Regelmäßige nächtliche Abschiebungen, willkürliche Zimmerdurchsuchungen und Anwesenheitskontrollen schaffen ein zermürbendes Klima der Angst. So werden aus mehreren Landkreisen berichtet, dass für nächtliche Abschiebungen regelmäßig Zimmer Unbeteiligter durchsucht werden. Die Initiativen kritisieren diese Praxis auf das Schärfste und fordern ein sofortiges Ende dieser massiven Schikanen sowie zwangsweisen Rückführungen.
Die Initiativen stellen mit großer Sorge fest, dass frühere Verfehlungen in der Sozial-, Arbeits- und Wohnungspolitik (bspw. fehlender bezahlbarer Wohnraum für alle) häufig zu Lasten von Geflüchteten diskutiert und teils unterschiedlich benachteiligte gesellschaftliche Gruppen gegeneinander ausgespielt werden. Grund- und Menschenrechte gelten universell und müssen gerade jetzt in der aktuellen Debatte um die Flüchtlingsaufnahme auch für alle verteidigt werden. Dieser Grundsatz prägt das stetige Engagement der Aktiven, die auch 2018 zum halbjährlichen Treffen zusammen finden werden.