Am Dienstag, den 16.11.2021, wird im Thüringer Landtag die vom Suhler Oberbürgermeister André Knapp eingereichte Petition zur Schließung der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl angehört. Grundlage der Petition sind dabei nicht etwa die seit Jahren besorgniserregenden Bedingungen für Bewohner:innen der Einrichtung, sondern eine aufgeheizte Stimmung vor Ort, die in weiten Teilen auf rassistischen und pauschalisierenden Ressentiments beruht. Das Netzwerk aus Flüchtlingsrat Thüringen, Seebrücke Jena und Erfurt, Lager-Watch Thüringen und Refugee Law Clinic Jena positioniert sich klar gegen die Stimmungsmache zur Erstaufnahme in Suhl und fordert dringend notwendige Verbesserungen der Lebensbedingungen und des Umgangs mit Geflüchteten in Suhl.
Aufhänger der Petition waren mutmaßliche Straftaten im Frühjahr 2021 von einzelnen Bewohner:innen der Erstaufnahme in Suhl. In der Erstaufnahmeeinrichtung verbringen Schutzsuchende in der Regel mehrere Wochen, bis sie auf die kreisfreien Städte und Landkreise verteilt werden. Somit gibt es eine beständige Fluktuation von Personen in der Einrichtung. Die Petition stilisiert die Bewohner:innen jedoch im Allgemeinen zum Gefahrenpotential, bedient eine Reihe rassistischer Ressentiments und führt zur Vorverurteilung und Kriminalisierung ganzer Personengruppen in existenziellen Problemlagen. Diese Kriminalisierung ist nicht nur brandgefährlich, sondern verschiebt auch den Blick weg von den tatsächlichen Problemen bei der Erstaufnahme und Unterbringung in Thüringen.
Seit Jahren und aktuell gibt es massive Beschwerden der Bewohner:innen zur Lebenssituation vor Ort in Suhl. Dazu zählen insbesondere eine schlechte und unzureichende Essensversorgung, Zusammenleben auf engstem Raum sowie fehlende Privatsphäre durch teils nicht abschließbare Türen. Immer wieder geraten auch der Umgang der Security mit Bewohner:innen, die unzureichende medizinische Versorgung und die ungenügende Grundausstattung (z.B. mit Kleidung, Hygieneartikeln etc.) in massive Kritik von Bewohner:innen und Unterstützer:innen.
Dies alles sind die Folgen eines desolaten Managements in der Erstaufnahmeeinrichtung, die seit Jahren im Notstandsmodus verwaltet wird. Konflikte innerhalb und außerhalb der Einrichtung müssen als unmittelbare Folge dieser unzureichenden Strukturen betrachtet werden.
Das Netzwerk fordert das Thüringer Landesverwaltungsamt und die Landesregierung dazu auf, dass anhaltende Missstände innerhalb der Einrichtung unverzüglich behoben sowie ein würdevoller Umgang mit geflüchteten Menschen und deren Schutz vollumfänglich garantiert werden. Die Aufenthaltszeit in der Erstaufnahme sollte wenige Wochen nicht überschreiten und eine schnellstmögliche dezentrale Unterbringung in Wohnungen in den Landkreisen vorangetrieben werden.