19. August 2020
Erfurter Familie bei Abschiebung auseinander gerissen

In der Nacht zum 19. August 2020 wurden laut Presseinformationen 14 Menschen durch die Polizei und die Ausländerbehörde Erfurt aus ihren Unterkünften und Wohnungen geholt und nach Serbien sowie in den Kosovo abgeschoben. Wir verurteilen die Abschiebungen auf das Schärfste.

Mindestens eine Familie, die aus dem Kosovo stammt und in Erfurt seit vielen Jahren ein zu Hause gefunden hat, wurde dabei auseinander gerissen. Abgeschoben wurden die Eltern und drei schulpflichtige Kinder. Die 16-jährige Tochter absolvierte gerade ihr letztes Schuljahr, um ihren qualifizierten Hauptschulabschluss zu erlangen. Die Ausländerbehörde Erfurt hätte ihr darum ein Bleiberecht aus humanitären Gründen zugestehen sollen.

Die abgeschobene Familie wurde von anderen in Erfurt lebenden Familienmitgliedern, die längst ein Bleiberecht erlangt haben, getrennt. Darunter eine 19-jährige Tochter, die gemeinsam mit den Abgeschobenen in einer Wohnung lebte. Sie absolviert zurzeit eine Ausbildung und hat darum das Recht zu Bleiben. Die Tochter musste mit ansehen, wie ihre Eltern und ihre drei Geschwister von der Polizei abgeholt und wegbracht worden.

Eine weitere volljährige Tochter gilt als besonders schutzbedürftig und ist auf die Betreuung durch ihren abgeschobenen Vater angewiesen. Auf Grund ihrer Krankheit hat sie bereits eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Ohne ihren Vater ist sie nun auf sich allein gestellt.

Das fragile Gesundheitssystem im Kosovo steht angesichts der steigenden Coronaviruszahlen vor dem Kollaps. Der Kosovo ist eines der wenigen europäischen Länder ohne öffentliche Krankenversicherung und steht seit Juni 2020 auf der Liste der Corona-Risikogebiete. Doch der weltweiten Bedrohung des Coronavirus zum Trotz werden Menschen abgeschoben. Die oftmals medizinisch mangelhafte und darum lebensbedrohliche Situation in vielen Herkunftsländern findet dabei kaum Beachtung.

 

Hintergrundinformationen:

 

Eine befreundete Familie und Nachbarn der Familie schrieben uns in der Folgezeit:

Wir hier in unseren Wohngebiet sind immer noch total sprachlos über diese Abschiebung, da sie alle seit vielen Jahren total super integriert waren [...]. Sie hatten hier total viele Freunde. Meine Jüngste war mit den jüngsten Sohn der Familie gut befreundet und ist todtraurig, weil wir ihn erklären mussten, daas sein Freund für lange Zeit nicht mehr mit ihm draußen spielen wird. Er versteht die Welt nicht mehr. Selbst mir kommen die ganze Zeit die Tränen [...] Es macht uns alle nur unendlich Sprachlos und traurig, wie ungerecht hier agiert wurde!!!Wir hier im Wohngebiet würden uns nicht's sehnlichster Wünschen, wenn diese wunderbare Familie wieder hierher kommen könnte [...]