Zur Innenministerkonferenz in Erfurt vom 17.-19.6.2020 fordert Thüringer Flüchtlingsberatungsnetzwerk besseren Schutz der Geflüchteten aufgrund der Corona-Pandemie.
In Deutschland werden Schritt für Schritt die Einschränkungen infolge der Corona- Pandemie gelockert. Das Infektionsrisiko bleibt jedoch erhalten und es ist abzusehen, dass es eine „Normalität“ so schnell nicht mehr geben wird. Rund um den Globus hat die Pandemie massivste Auswirkungen auf die soziale und wirtschaftliche Lage in den Ländern. Bei der ab dem 17.06.2020 stattfindenden Innenministerkonferenz in Erfurt werden die Innenminister der Länder viele Details beraten, die im Zusammenhang der Coronakrise stehen und Auswirkungen auf den Schutz von Geflüchteten haben.
Das Netzwerktreffen von hauptamtlichen Flüchtlingsberater*innen und Rechtsanwält*innen in Thüringen richtet sich deswegen nach seinem (digitalen) Treffen am 3.6.2020 nun mit mehreren konkreten Forderungen an die Innenminister der Länder:
Besonders in den Erstaufnahmeeinrichtungen und den Gemeinschaftsunterkünften sind die notwendigen Infektionsschutzmaßnahmen nur schwer umzusetzen. In Thüringen wurden bereits mehrere Flüchtlingsunterkünfte unter Quarantäne gestellt, beispielsweise in Eisenach, Gotha, Weimar, Greiz und bereits im März die Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl. Die Wohnverhältnisse in den Unterkünften bieten keinen hinreichenden Schutz vor Infektionen. Quarantäne-Maßnahmen treffen viele Menschen auf engstem Raum und stellen somit eine erhebliche soziale und gesundheitliche Belastung für die Betroffenen dar und führen zu massiven sozialen Spannungen. Deshalb sollten die Innenminister darauf hinwirken, dass die Unterbringung der Geflüchteten generell nur noch in Einzelunterkünften erfolgt.
Die coronabedingten Auswirkungen in den verschiedensten Ländern sind teils so massiv, dass eine zwangsweise Rückkehr die Menschen einer erheblichen gesundheitlichen und existenziellen Gefahr aussetzen würden. Abschiebungen in Herkunftsländer sollten bis auf weiteres unterbleiben.
Auf Grund der Pandemie wäre es unverantwortlich, Menschen in andere EU-Länder, wie z.B. Frankreich, Griechenland und Italien, abzuschieben, die ohnehin von der Krise bereits stark betroffen sind. Das Netzwerk fordert deshalb die Innenminister auf, sich dafür einzusetzen, dass der deutsche Staat in die Asylverfahren eintritt und diese in Deutschland durchgeführt werden. Dies würde den Geflüchteten eine Perspektive bieten und Monate der Unsicherheit und Angst vermeiden. Verfahren, bei denen die Überstellungen in andere EU-Länder vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zeitweise ausgesetzt wurden, sollten in Deutschland durchgeführt werden.
Seit Monaten sehen wir, wie sich die Verhältnisse in den griechischen Flüchtlingslagern auf den Inseln immer weiter verschlimmern. Das Netzwerk fordert deshalb die Innenminister auf, Festlegungen zu treffen, die eine schnelle und unkomplizierte Aufnahme von Geflüchteten ermöglichen. Das Netzwerk begrüßt den Vorstoß der Thüringer Landesregierung, die im Kabinett am 2.6.2020 eine Aufnahme von 500 Geflüchteten beschlossen hat. Diese Initiative sowie die der vielen Kommunen bundesweit sollten die Innenminister und das Bundesinnenministerium aufnehmen und somit helfen, die unerträglichen Zustände in den griechischen Lagern zu mildern. Dabei sollte es um substantielle Maßnahmen gehen, die über die Symbolpolitik der letzten Monate weit hinausgehen.