Wer bekommt in Deutschland Asyl?

Menschen, die vom Staat politisch verfolgt werden und nicht über ein sicheres Drittland (u.a. alle Nachbarländer Deutschlands) nach Deutschland eingereist sind, können Asyl nach Artikel 16a Grundgesetz (GG) erhalten. Die Flüchtlingsdefinition der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist weitreichender. Danach ist ein Flüchtling eine Person, die sich „aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie hat oder in dem sie als Staatenloser gelebt hat und dessen Schutz vor dieser Verfolgung sie nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen der Furcht vor Verfolgung nicht in Anspruch nehmen will.“ Damit kann nicht nur staatliche Verfolgung, sondern auch die Verfolgung durch andere (zum Beispiel militante Gruppen oder Familienangehörige) in der Definition der Genfer Flüchtlingskonvention als Verfolgung anerkannt werden. Auch geschlechtsspezifische Verfolgung kann als Asylgrund berücksichtigt werden

Die Unterscheidung zwischen denjenigen, die als Flüchtlinge anerkannt werden, und denjenigen, denen dieser Status verweigert wird, ist in der Praxis jedoch komplizierter als man denkt: Ist jede Menschenrechtsverletzung zugleich ein Asylgrund? Wann ist die Furcht eines Flüchtlings vor Verfolgung nach Auffassung der Behörden begründet? Welche Gewalt muss sich ein Mensch von seinem Staat (oder seinen Familienangehörigen) „üblicherweise” gefallen lassen? Muss die Verfolgung überall im Herkunftsland bestehen? Wie weit darf ein Staat die Religionsausübung einschränken? Ist auch die Bedrohung durch eine kriminelle Mafia ein Akt der Verfolgung? Die Antworten auf diese und andere Fragen entscheiden darüber, ob ein Flüchtling Schutz erhält oder nicht (Weitere Informationen im „Leitfaden für Flüchtlinge in Niedersachsen“. Menschen, die keinen Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention erhalten, sind aber nicht unbedingt schutzlos gestellt: Wenn bei Rückkehr in das Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht, beispielsweise aufgrund einer unmenschlichen Behandlung, der drohenden Todesstrafe oder eines innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes, kann man den subsidiären (ergänzenden) Schutz erhalten.

Außerdem gibt es weitere Gründe, die eine Abschiebung verbieten können. Das ist dann der Fall, wenn einer Person in ihrem Herkunftsland eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) oder eine erhebliche Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Ein nationales Abschiebungsverbot kann zum Beispiel dann festgestellt werden, wenn die betroffene Person an einer schweren oder lebensbedrohlichen Krankheit leidet, die sich im Herkunftsland nicht behandeln lässt.

Die „formellen Entscheidungen“ in der Übersicht umfassen zum Großteil Entscheidungen über die Zuständigkeit anderer Staaten nach der Dublin-III-Verordnung - eine inhaltliche Prüfung der Asylgründe findet nicht statt. (Quelle: BAMF)

 

Klagen bei Ablehnung des Asylantrages

Wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den Asylantrag abgelehnt oder einen zu geringen Schutzstatus zugesprochen hat, haben Asylsuchende das Recht, dagegen beim Verwaltungsgericht zu klagen. Die Chancen auf Erfolg stehen dabei nicht schlecht, wenn die Fluchtgründe vom BAMF nicht ausreichend gewürdigt wurden. Fast 30% der Asylsuchenden hatten mit ihrer Klage gegen inhaltlich geprüfte Asylbescheide des BAMF Erfolg. Bei afghanischen Asylsuchenden lag die Erfolgsquote sogar bei 60 Prozent. (Quelle: ProAsyl) Die Fristen, um gegen einen ablehnenden Bescheid vorzugehen, sind mit 1 bzw. 2 Wochen aber sehr kurz.

Kritiker:innen sehen diese äußerst hohen Zahlen als Zeichen für eine mangelnde Qualität in der Entscheidungspraxis des BAMF und sehen darin auch einen Grund für die Überlastung der Gerichte.
Über diese negativ entschiedenen Bescheide, die von den Gerichten korrigiert werden mussten, wird selten öffentlich debattiert. Weitaus mehr Schlagzeilen machte im Frühjahr 2018 die Debatte um Bescheide über Asylanträge, die die Außenstelle des BAMF in Bremen positiv erteilt hatte. Über mehrere Wochen wurde ausführlich diskutiert, ob und wie viele Asylanträge zu Unrecht positiv beschieden wurden. Mittlerweile ist klar: es hat gar keinen BAMF-Skandal in diesem Sinn gegeben. Das Landgericht Bremen hatte im November 2020 die meisten Anklagepunkte wegen mangelnden Tatverdachts fallen gelassen. Dies ist ein Beispiel dafür, wie weit sich die öffentliche Debatte mittlerweile zu Ungunsten von Geflüchteten verschoben hat.

Welches Aufenthaltsrecht bekommen Flüchtlinge?

Wer Asyl nach dem Grundgesetz, Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), subsidiären Schutz oder nationalen Schutz aufgrund eines Abschiebungsverbotes erhalten hat, bekommt eine Aufenthaltserlaubnis. Diese ist grundsätzlich immer befristet (zwischen ein und drei Jahre), wird aber verlängert, solange die Voraussetzungen für die Schutzerteilung weiterhin vorliegen. Die damit verbundenen Rechte z.B. beim Familiennachzug unterscheiden sich bei den jeweiligen Aufenthaltserlaubnissen. Ein unbefristetes Aufenthaltsrecht (Niederlassungserlaubnis) ist von verschiedenen Voraussetzungen abhängig (u. a. Arbeit, Lebensunterhaltssicherung, deutsche Sprache) und kann nach frühestens fünf Jahren beantragt werden. Asylberechtigte nach 16a GG und Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention können eine Niederlassungserlaubnis unter strengen Voraussetzungen bereits nach drei Jahren erhalten. (Detaillierte Infos zu den jeweiligen aufenthaltsrechtlichen Situationen gibt es hier)

 

Stand August 2021