16. August 2012
Gemeinsame Pressemitteilung der Landesflüchtlingsräte und PRO ASYL

Flüchtlingsproteste weiten sich aus | Protestmarsch nach Berlin geplant

In acht deutschen Städten protestieren Flüchtlinge gegen diskriminierende Sondergesetze und für ein selbstbestimmtes Leben / Landesflüchtlingsräte und PRO ASYL unterstützen Forderungen der streikenden Flüchtlinge

Nach Würzburg, Regensburg, Bamberg, Aub, Düsseldorf und Berlin haben die Straßen-Proteste von Flüchtlingen auch Passau und Nürnberg erreicht. Die streikenden Flüchtlinge wenden sich gegen eine Reihe von diskriminierenden Sondergesetzen und fordern ihr Recht auf ein menschenwürdiges Leben ein.

Die Forderungen der Flüchtlinge sind u.a.:

  •     Abschaffung von Residenzpflicht und Wohnsitzauflagen, für das Recht auf Bewegungsfreiheit und freie Wahl des Wohnortes
  •     Abschaffung von Lagerzwang, für das Recht auf Wohnen in Privatwohnungen
  •     Abschaffung von Essenspaketen und Gutscheinsystemen
  •     Abschaffung von Arbeits- und Ausbildungsverboten, für den uneingeschränkten Zugang zu Arbeit und Bildung
  •     Keine Abschiebungen, schnelle Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen
  •     Ende der sprachlichen Ausgrenzung, für den freien Zugang zu Deutschkursen (1)

„Eine Umsetzung dieser Forderungen ist überfällig. Es ist unerträglich, wie Flüchtlinge durch Gesetze und Behördenpraxis schikaniert und kriminalisiert werden. Wir Landesflüchtlingsräte unterstützen die Flüchtlingsproteste und fordern gesellschaftliche Akteure auf, sich solidarisch zu zeigen. Flüchtlinge sind keine Menschen zweiter Klasse! Sie haben wie alle Menschen das Recht auf ein würdiges und selbstbestimmtes Leben“, sagt Agnes Andrae vom Bayerischen Flüchtlingsrat.

Ibrahim Kanalan vom Berliner Flüchtlingsrat ergänzt: „Nachdem das Bundesverfassungsgericht im Juli 2012 die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für verfassungswidrig erklärt hat, ist es nun höchste Zeit, nicht nur das AsylbLG, sondern auch alle anderen diskriminierenden Sondergesetze für Flüchtlinge abzuschaffen.
Zum Beispiel müssen die Arbeits- und Ausbildungsverbote schnellstmöglich aufgehoben werden. Aus gut ausgebildeten und motivierten Menschen macht der Gesetzgeber Fürsorgeempfänger. Viele Flüchtlinge zerbrechen am jahrelangen erzwungenen Nichtstun. Flüchtlingen muss endlich die Möglichkeit gegeben werden, für sich selbst zu sorgen, ihre Fähigkeiten einzusetzen und am Erwerbsleben teilzunehmen.“(2)

Der Flüchtlingsstreik begann in Würzburg. Seit dem 19. März 2012 campieren dort iranische Flüchtlinge in der Innenstadt, nachdem sich ein Bewohner des Würzburger Sammellagers für Asylsuchende das Leben genommen hatte. Immer wieder traten die Protestierenden in den Hungerstreik. Ihren vorläufigen Höhepunkt sollen die Proteste im Herbst erreichen.Geplant ist u.a. ein kollektiver Vorstoß gegen die Residenzpflicht in Form eines Protestmarsches, der am 08. September von den verschiedenen Protest-Camps starten und Mitte Oktober in Berlin enden soll.(3)

Informationen über den Flüchtlingsstreik finden Sie hier:
Gemeinsame Homepage der streikenden Flüchtlinge:http://refugeetentaction.net
Protestcamp in Würzburg seit 19. März 2012 http://gustreik.blogsport.eu
Protestcamp in Aub seit 03. Juli 2012 http://asylaub.wordpress.com
Protestcamp in Bamberg seit 2. Juli 2012 auf dem Markusplatz http://fluechtlinge-bayerns.com
(Streik vorübergehend ausgesetzt)
Protestcamp in Regensburg seit 11. Juli 2012 auf dem Neupfarrplatz
https://strikeregensburg.wordpress.com
Protestcamp in Düsseldorf seit 11. Juli 2012 auf dem Johannes-Rau-Platz
http://refugee-resist-duesseldorf.de
Protestcamp in Berlin seit 03. August 2012 auf dem Heinrichsplatz
https://asylstrikeberlin.wordpress.com
Protestcamp in Nürnberg seit dem 10. August 2012 am Hallplatz
http://strikenuernberg.wordpress.com
Protestcamp in Passau seit dem 10. August 2012 im Klostergarten
http://protestcamppassau.wordpress.com
Break Isolation Camp ab 23. August 2012 in Erfurt
http://breakisolation.blogsport.de

Pressekontakt:
Agnes Andrae, Bayerischer Flüchtlingsrat, 089-76 22 34
Martina Mauer, Flüchtlingsrat Berlin, 030- 24 344 57 62
(1) vgl. z.B.  Erste Erklärung der streikenden Flüchtlinge in Berlin,
http://asylstrikeberlin.files.wordpress.com/2012/08/first_declaration_ge...
(2)  vgl. Pressemitteilung "Jugendliche ohne Grenzen" vom 02.08.2012
http://bildung.jogspace.net/2012/08/02/ausbildungs-und-arbeitsverbote-fu...
(3)  vgl. Pressemitteilung des Koordinationskomitees der protestierenden
Flüchtlinge vom 09.08.2012, abrufbar auf
https://asylstrikeberlin.wordpress.com